Podcast Nr. 46 – Interview: Ausgezeichneter Radweg mit Manfred Scholz - Fahrradio

Shownotes

Fahrradio Nr. 46 – Interview: Kreativer Radwegebau mit Manfred Scholz

Hans spricht mit Manfred Scholz, dem Fahrradbeauftragten der Stadt Soest. Er hat ihn am 13. Mai 2014 beim Vivavelo-Kongress der Fahrradbranche 2014 in Berlin getroffen.

Die Stadt Soest hat im Jahr 2013 den Deutschen Fahrradpreis in der Kategorie Alltagsmobilität gewonnen.

Ausgezeichnet wurde die Markierung eines Schutzstreifens in der Soester Jakobistraße.

Das klingt nicht gerade spannend und schon gar nicht preiswürdig. Warum es dennoch beides ist , erklärt Manfred Scholz in zehn Minuten.

Das Interview in Textform folgt nach dem Klick.

Hans Dorsch spricht mit Manfred Scholz, dem Fahrradbeauftragten der Stadt Soest

HD: Würden Sie sich bitte kurz vorstellen?

MS: Ich bin Manfred Scholz und der Fahrradbeauftragte der Stadt Soest. Ich bin zuständig für jeglichen Fahrradverkehr in der Stadt. Nebenbei bin ich auch Bauleiter für Straßenbau.

HD: Das heißt, sie haben die Ausführenden für Ihre Maßnahmen direkt zur Hand, wenn Sie sie brauchen?

MS: Ich kann meine Gedanken direkt umsetzen mit der Baufirma, weil ich weisungsbefugt bin und entsprechend habe ich das dann immer so gebaut.

HD: Ja dann erzählen Sie doch mal kurz, was Sie jetzt schon vor mehreren Jahren kurzfristig durchgesetzt haben.

MS: Wir haben in Soest in einer Einbahnstraße, die in die Stadtmitte führt, eine Mittelmarkierung aufgebracht, wo dem Radfahrer dargelegt wird, dass er ein ausreichenden Sicherheitsabstand zu parkenden Fahrzeugen einhält. Gleichzeitig wird mit dieser Markierung ausgeschlossen, dass der Radfahrer von PKW überholt wird.

HD: Gab es das vorher schon? Wie sind Sie darauf gekommen?

MS: Mir ist es bis heute nicht bekannt, dass eine zweite Stadt in Deutschland so eine Mittelmarkierung aufgebracht hat. Darauf gekommen sind wir, indem wir uns in unserem Team Gedanken gemacht haben, wie wir den Radverkehr in dieser Straße sicherer machen können. Die Straße ist sehr stark befahren mit 4500-5000 Fahrzeugen am Tag und bis zu 1000 Radfahrern. Und da kam uns der Gedanke eben so eine Mittelmarkierung einzurichten. Es gab auch noch andere Alternativen wie die Einrichtung einer Fahrradstraße. Aber das war uns nicht sicher genug. Wir wollten mit einer Markierung dem Verkehr verdeutlichen, wie er sich zu verhalten hat.

HD: Dem Auto- oder Fahrradverkehr?

MS: Im Grund beiden. Wir wollen einmal dem Autofahrer sagen, dass er hier nicht das Recht hat, einen etwas langsameren Radfahrer zu überholen und gleichzeitig wollen wir dem Radfahrer präventiven Schutz bieten vor aufschlagenden Autotüren.

HD: Gab es da Unfälle?

MS: Da hat es einen schweren Unfall gegeben. Der Radfahrer hat schwere Kopfverletzungen davon getragen. Seitdem die Markierung in 2008 eingerichtet wurde, ist kein Unfall mehr auffällig geworden.

HD: Neigen Radfahrer dazu diesen Sicherheitsabstand, den man ja fordert, zu unterschreiten? Fahren Sie zu nah am Rand, wenn man ihnen nichts anderes zeigt?

MS: Die Zeit hat gezeigt, wie man das auch heute noch in anderen Soester Einbahnstraßen sieht, dass die Radfahrer aus falscher Rücksichtnahme auf den Autofahrer zu nah an den parkenden Fahrzeugen fahren und sich der Gefahr stellen, von einer aufschlagenden Autotür getroffen zu werden.

HD: War der Auslöser für die Umsetung konkret ein Unfall oder war das schon geplant und einfach an der Zeit?

MS: Geplant war es schon. Seit 2003 hat mein Vorgänger im Amt es versucht. Man konnte seinerzeit die Politik nicht davon überzeugen. Leider ist es dann zu dem Unfall gekommen und seitdem haben wir die Zustimmung der Politik.

HD: Und dann haben Sie das kurzfristig umgesetzt? Wie lange hat das dann gedauert? Wann gab es die ersten Ideen? Wann und wie schnell ist es dann umgesetzt worden?

MS: Der Unfall ist im Jahre 2007 oder 2008 passiert. Im Oktober 2008 ist das dann umgesetzt worden.

HD: Wahnsinn. War das dann eine feste Regelung oder ein Experiment? Wie lief das dann?

MS: Das war ein zweijähriger Verkehrsversuch. Er war als solcher deklariert und auch bei der Kreispolizeibehörde angemeldet. Die Bezirksregierung hatte auch keinen Widerspruch, sodass wir das durchgeführt haben. Nach zwei Jahren ist diese Regelung dann in eine Dauerregelung überführt worden. Es gibt derzeit keinen Widerspruch von Behörden, Politik oder gar Bürgerschaft.

HD: Von den Straßenverkehrsordnungsnerds wird jetzt sicher jemand sagen: Das geht aber nicht, so eine Markierung mitten in der Straße – da spricht einiges dagegen. Wie sind Sie damit umgegangen?

MS: Um eine Fehlinterpretation zu vermeiden, haben wir diese Mittelmarkierung aufgebracht. Es gibt Leute, die von sich behaupten die StVO zu kennen und meinen, es sei rechtlich nicht zulässig. Denen kann ich nur antworten: Was nicht verboten ist, ist erlaubt.

HD: Das heißt, man muss kreativ vorgehen, wenn man schlaue Lösungen machen möchte.

MS: Das muss man, und wir behaupten von uns, dass wir so kreativ waren und auch verkehrsrechtlich auf der sicheren Seite sind. Die Praxis jedenfalls gibt uns Recht.

HD: Jetzt nachdem Sie den Preis gewonnen haben: Kamen Anfragen von anderen Städten? Setzten andere Städte so etwas ein? Wird das gängig?

MS: Es hat mehrere Anfragen gegeben, besonders nach der Verleihung des Deutschen Fahrradpreises 2013. Mehrere Großstädte in der Größenordnung von Marburg haben bei uns angefragt, wie man so etwas durchführen kann. Ich weiß allerdings nicht, ob das tatsächlich, ob das bis heute durchgeführt wurde.

HD: Dann bedanke ich mich und viel Erfolg weiterhin!

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